Vor der Abreise

Viereinhalb Tage noch in Deutschland. Ausgeschrieben klingt das nicht viel, wenn man daran denkt, was ich in den letzten viereinhalb Tagen so geschafft habe. Tour de France geschaut, Visum beantragt, Tour de France geschaut, Freunde getroffen, Tour de France geschaut, von den Strapazen des Nichtstuns ausgeruht, und? Na klar: Formel Eins geschaut. Man könnte auch sagen: Sollte ich die nächsten Tage wieder so verleben, ist der Check-In Schalter direkt hinter dem Sofa. Ich habe mich aber anders entschieden, denn es sind doch noch einige Dinge zu erledigen, wie zum Beispiel die Organisation meines Koffers und dessen Inhalts, soweit noch nicht erworben, die Sorge um das liebe Geld, ob hier oder dort, brauchen werde ich es, oder (und das ist eine der nicht notwendigen aber dennoch ungeheuer wichtigen Erledigungen) den ersten Eintrag meines Blogs. Diesen habe ich also vor einigen Tagen eingerichtet, um die Daheimgebliebenen (also alle außer mich) von dem zu unterrichten, was ich so treibe in der Ferne. Hier wird hoffentlich oft etwas über eben diese Erlebnisse erscheinen. Der erste Eintrag soll außerdem noch einen anderen Zweck erfüllen. Ob man es glaubt oder nicht, die Bundesregierung, genauer das BMZ trägt 75% meiner Kosten, indem es das „weltwärts“- Programm ins Leben gerufen hat, Projekte prüft und den von Partnerorganisationen ausgesuchten Teilnehmern so einige Kosten aus der Hand nimmt. Dazu gehören die großen Batzen Flug-, Versicherungs- und Taschengeldkosten. Die restlichen 25% soll die Partnerorganisation stemmen, bei mir eben AFS, die als gemeinnützige Organisation auf Spenden angewiesen ist. Und da komme ich ins Spiel, denn diese Spenden, es sollen 1800€ werden, versuche ich einzutreiben und ich habe es geschafft! Eigentlich habe ich ja nichts geschafft, es waren die großzügigen Spender, die es mir einfach gemacht haben, indem sie sich schnell und ohne Scheu zu diesem guten und steuerlich absetzbaren Schritt entschieden haben. Ich danke hier folgenden großherzigen Spendern:

Walter Dörich Metallbau GmbH aus Bergisch Gladbach

Helmut Fischer aus Oberhaching

Michael Böhm aus Oberhaching

Clemens Berghaus aus Bergisch Gladbach

Helene Wildenberg aus Siegen

(an alle Spender: die Bescheinigung wird zu Beginn des neuen Jahres eintreffen, sicher!!)

Die 75%, die der Staat trägt, waren in der näheren Vergangenheit vor allem von CDU und FDP- Politikern und einigen übereifrigen Journalisten harscher Kritik ausgesetzt und wurden auch im haushaltspolitischen Ausschuss des Bundestages gedeckelt. Man könne als Abiturient eh nichts bewirken, man sei auf einem „Egotrip ins Elend“, die Gelder könnten sinnvoller verteilt werden und in echte Entwicklungszusammenarbeit gesteckt werden…

All diese Punkte haben sicher einen richtigen Kern und erscheinen auch bei näherer Betrachtung durchaus sinnvoll: Ich habe nun mal als Ungelernter keine sonderlich guten Kenntnisse darüber, wie ich in meinem Projekt in Mysore behinderte Kinder unterrichten soll, ich habe auch persönlich das Ziel, mein Leben um eine Erfahrung zu erweitern und, klar: Geld wird überall gebraucht in den ärmeren Ländern dieser Erde. Was kann ich dem entgegnen und was rechtfertigt dann meine bevorstehende Ausreise und deren Finanzierung durch das BMZ und nicht zum Beispiel durch das Bildungsministerium?

Meiner Meinung nach gibt es da eine ganz klare Antwort: Die Entwicklungszusammenarbeit der letzten 100 Jahre, soweit sie existierte, basierte auf verschiedenen Grundsätzen, die alle zu dem Gleichen führten: Scheitern. Man könnte hier einige Zahlen nennen, die beweisen, dass es den armen Menschen dieser Erde mehr oder weniger immer schlechter geht und dass unsere „Hilfe“ ins Leere läuft, dass, und das bestreitet niemand, der sich damit beschäftigt, die Ausbeutung der dritten, vierten und fünften Welt mit dem Ende des Kolonialismus nicht endete und in großen Teilen noch voranschreitet. Bis auf die Chinesen haben die großen Länder der Erde noch keine wirklich effektive Hilfe eingeleitet und die Chinesen sehen darin natürlich auch eine Erweiterung ihres Einflussgebietes. Ich will hier weder Moralapostel noch Provokateur sein, ich sage nur: Der Weg, den das BMZ und AFS mit dem „weltwärts“- Programm und dem Konzept der Interkulturellen Zusammenarbeit und des Interkulturellen Lernens scheint mir der sinnvollste aus dieser Misere, denn was wir brauchen in dieser Situation, in der die Menschen in der industrialisierten Welt die Erhaltung ihres Lebensstandards über die Humanität stellen ist Verständnis für die Probleme und Nöte anderer Länder und Kulturen und die klare Sicht auf deren Bedürfnisse, damit irgendwann ein Wechsel in dem Zusammenleben der Völker auf der Erde möglich ist. Ich bin, und damit rechtfertigt sich das gesamte Programm, einer der Personen, die nun die Möglichkeit haben, diese Berichte weiterzugeben und somit ein paar Freunden und Verwandten diese Sicht nahe zu bringen. Ich hoffe daher, dass ich es oft schaffe, euch (und ihr seit hoffentlich viele und lest oft) von den Menschen hier zu berichten. Natürlich bin ich nicht ganz hoffnungslos, was meine Möglichkeiten betrifft, direkt zu helfen und einen kleinen Unterschied zu machen, dennoch wird, wie gesagt, das ganze Programm vor allem durch den Austausch und die Weitergabe von Erfahrungen gerechtfertigt.

Somit fahre ich nun mit diesen Einstellungen und Hoffnungen nach Indien und werde meinen nächsten Eintrag aus einem Internetcafhé in Mysore, im Bundesstaat Karnataka in Indien machen.

Bis dahin

Euer Björn

2 Kommentare (+deinen hinzufügen?)

  1. Tom Carter
    Jul 30, 2010 @ 13:52:14

    Ich wuensche dir viel Glueck auf deinem Abenteuer,
    schreib weiter an deinem Blog dass wir hier in Europa an deiner hoffentlich ereignisreichen und praegenden Reise Teil haben duerfen!

    Komm gesund wieder nach Hause,
    Bis in einem Jahr!

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  2. Rose
    Aug 07, 2010 @ 06:58:49

    Hey Björn,

    ich hoffe du bist gut angekommen. Ich habe nun schon deinen ersten Teil des Blocks geelsen und kann kaum abwarten deinen ersten Berischt aus Mysore zu lesen.
    Ich hoffe dir geht es gut.
    Deine Rose :-*

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